{"id":865,"date":"2009-05-15T10:00:20","date_gmt":"2009-05-15T08:00:20","guid":{"rendered":"http:\/\/www.labut.at\/?p=865"},"modified":"2009-05-15T10:00:20","modified_gmt":"2009-05-15T08:00:20","slug":"100-tage-harmonie-ansichtssache","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.labut.at\/100-tage-harmonie-ansichtssache\/","title":{"rendered":"100 Tage Harmonie – Ansichtssache"},"content":{"rendered":"

Alfred Gusenbauer ging als k\u00fcrzest dienender Bundeskanzler der Republik \u00d6sterreich in die politische Geschichte ein. Nach den Jahren der schwarz-blauen bzw. schwarz-orangen Koalitionsregierungen wurde im J\u00e4nner 2007 eine gro\u00dfe Koalition unter Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer angelobt. Die Regierung stand offenbar unter keinem guten Stern und hatte bald das Image, mehr zu streiten als zu arbeiten \u2013 zu gegens\u00e4tzlich waren entweder die Interessen und Anschauungen, oder aber war auch die Kompromissbereitschaft zu gering. Im Juli 2008 k\u00fcndigte Vizekanzler Molterer die Koalition auf. F\u00fcr die Nationalratswahlen wurde SP\u00d6-Spitzenkandidat Alfred Gusenbauer durch Werner Faymann abgel\u00f6st. Die \u00d6VP wechselte erst nach der Wahl ihren Obmann aus \u2013 Josef Pr\u00f6ll trat an die Stelle von Wilhelm Molterer. Seit 2. Dezember ist die neue, aber nicht mehr ganz so gro\u00dfe \u201cgro\u00dfe Koalition\u201d unter SP\u00d6-Bundeskanzler Faymann und \u00d6VP-Vizekanzler Pr\u00f6ll im Amt.
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\nBeinahe so sehr man an der vormaligen Regierung berechtigterweise ihre Konfliktpotentiale bem\u00e4ngelte, so sehr st\u00fcrzen sich manche Medien nun auf die sehr demonstrativ gelebte Harmonie zwischen den nunmehrigen Koalitionspartnern. Wobei daran soweit eigentlich nichts zu bem\u00e4ngeln sein sollte, sofern konstruktive und entschlossene Regierungsarbeit vorherrscht und die vorgelebte Harmonie nicht \u00fcber Handlungsunf\u00e4higkeit hinwegt\u00e4uschen soll. Es w\u00e4re wohl auch ungerecht, von einer Regierung zu erwarten, dass sie nach etwas \u00fcber 100 Tagen ihres Bestehens alle Probleme, die ihr auch von Vorg\u00e4ngerregierungen zur\u00fcckgelassen wurden, eine perfekte L\u00f6sung parat haben muss. Erschwerend kommt zweifellos hinzu, dass die Weltwirtschaftskrise nat\u00fcrlich auch vor \u00d6sterreich nicht halt macht.<\/p>\n

Sehen wir uns doch mal an, was die Regierung Faymann-Pr\u00f6ll in den letzten drei Monaten vorangetrieben hat. Vor kurzem wurde die im Regierungsprogramm vereinbarte Steuerreform beschlossen. Eine zweifelsfrei in der Bev\u00f6lkerung gesch\u00e4tzte Ma\u00dfnahme, auch wenn sie nicht mehr bewirkt, als die kalte Progression zu reduzieren. Weiters wurde ein Banken-Hilfspaket gegen die Wirtschaftskrise geschn\u00fcrt. Dieser mit bis zu 100 Milliarden Euro dotierte Geldtopf wird in der Bev\u00f6lkerung oftmals als \u201cGeldgeschenk\u201d f\u00fcr die Banken missinterpretiert. Tats\u00e4chlich handelt es sich dabei f\u00fcr die Banken um eine M\u00f6glichkeit, durch einen mit acht Prozent verzinsten Kredit ihre Eigenkapitalbasis zu st\u00e4rken. So manches gr\u00f6\u00dfere Kreditinstitut, von dem ich nicht annehme dass es insolvenzgef\u00e4hrdet ist, hat von dieser M\u00f6glichkeit bereits Gebrauch gemacht. Mir ist schon klar, dass es sich hier um einen heiklen Punkt handelt und eine faire Anwendung vorausgesetzt werden muss. Schlie\u00dflich haben Banken in den Jahren vor der Krise nicht zuletzt durch Osteuropa Milliardengewinne erwirtschaftet. Dass nun der Steuerzahler einspringen soll, wirkt schwer verst\u00e4ndlich. Doch muss man auch anf\u00fchren, dass das Hilfspaket wohl nicht wirklich eine Erfindung der \u00f6sterreichischen Regierung war, sondern eher im europ\u00e4ischen Gleichklang erfolgt ist.<\/p>\n

Eine gro\u00dfe Aufgabe f\u00fcr die \u00f6sterreichische Regierung w\u00e4re eine Staats- und Verwaltungsreform \u2013 an der, wohlgemerkt, schon so manche Vorg\u00e4ngerregierung gescheitert ist. Auch im Regierungsprogramm der amtierenden Regierung finden sich diesbez\u00fcglich keine allzu ambitionierten Vorhaben. \u00d6sterreich hat als relativ kleines Land, durchaus auch im internationalen Vergleich gesehen, eine aufgebl\u00e4hte Verwaltungsstruktur. An den Grundpfeilern \u2013 etwa den neun Bundesl\u00e4ndern, Bezirkshauptmannschaften und ihren Kompetenzen \u2013 zu r\u00fctteln w\u00fcrden wohl manche als Revolution interpretieren, auch wenn hier zweifellos viel Geld begraben liegt. Schlie\u00dflich bedeutet eine Verwaltungsreform praktisch immer auch eine harte Auseinandersetzung mit der nicht unm\u00e4chtigen Beamten-Gewerkschaft. Unterrichtsministerin Claudia Schmidt lie\u00df zuletzt damit aufhorchen, die w\u00f6chentliche Unterrichtsverpflichtung f\u00fcr Lehrer um zwei Stunden zu erh\u00f6hen. Es ist derzeit noch nicht absehbar, mit welchem Kompromiss der Konflikt mit der Lehrer-Gewerkschaft enden wird. Kanzler Faymann hat sich jedenfalls demonstrativ hinter seine Ministerin gestellt, die bereits f\u00fcr den Fall des Scheiterns ihres Vorhabens mit R\u00fccktrittsgedanken spekuliert hat. Spannend wird wohl das erste Budget, das Finanzminister Pr\u00f6ll bis April vorlegen wird. Geld fehlt wohl an allen Ecken und Enden. Pr\u00f6ll hat bereits sehr restrikte Vorgaben angek\u00fcndigt, kaum ein Ressort soll ausgespart bleiben. Ein Sparkurs ohne tiefgreifende Reformen k\u00f6nnte aber umgekehrt sehr kurzlebig wirksam sein und nebenbei den rechtspopulistischen Oppositionsparteien FP\u00d6 und BZ\u00d6 offen in die H\u00e4nde spielen.<\/p>\n

Es l\u00e4sst sich kaum leugnen, dass die Wirtschaftskrise nun wohl auch in \u00d6sterreich angekommen ist. Auch wenn die bisherigen Zeichen rund um Kurzarbeit, K\u00fcndigungen und Kreditklemme noch einen relativ geringen Teil der Bev\u00f6lkerung ernsthaft erfa\u00dft haben, kann derzeit noch niemand seri\u00f6s sagen, wie es weitergehen wird. Wie lange wird die Krise anhalten, werden die Ma\u00dfnahmen ausreichen und werden sie budget\u00e4r \u00fcber einen l\u00e4ngeren Zeitraum \u00fcberhaupt m\u00f6glich sein? In diesem Zusammenhang wird der Regierung manchmal eine \u201cSch\u00f6nmalerei\u201d vorgeworfen, was ich teilweise auch nachvollziehen kann. Andererseits kann das Verbreiten von Pessimismus auch bestimmt nicht das wahre sein, die Darstellung eines objektiven Bildes und ein entschlossenes Handeln sollte aber w\u00fcnschenswert sein.<\/p>\n

Pedro<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Alfred Gusenbauer ging als kürzest dienender Bundeskanzler der Republik Österreich in die politische Geschichte ein. Nach den Jahren der schwarz-blauen … <\/p>\n

Weiter<\/a><\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[2],"tags":[],"class_list":["post-865","post","type-post","status-publish","format-standard","hentry","category-ansichtssache","generate-columns","tablet-grid-50","mobile-grid-100","grid-parent","grid-50"],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/865","targetHints":{"allow":["GET"]}}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=865"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/865\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=865"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=865"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.labut.at\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=865"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}