Das \u201eCafe Steiner\u201c im 2. Wiener Gemeindebezirk ist ein klassisches Stammlokal, in dem sich die meisten G\u00e4ste untereinander kennen. Man kann durchaus sagen, dass es damit schon auffallen kann wenn mal ein Gast anwesend ist der zuvor in dem Lokal noch nie gesehen wurde. Dieser Umstand sollte mir erst gestern wieder bewusst werden, als ich mich am Nachmittag nach einer kleinen Einkaufstour auf einen Cappuccino im \u201eSteiner\u201c einfand.
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\nNeben mir hatte an der Schank ein junger Mann Platz genommen, der offenbar das erste mal hier zu Gast war. Ich kann nicht wirklich sagen warum, aber irgendwie konnte man sp\u00fcren, dass den jungen Mann eine gewisse Nervosit\u00e4t umgab. Wiewohl Anzug und Krawatte perfekt sa\u00dfen konnte man sich dem Eindruck nicht verwehren, dass er sich in diesem Moment in seiner Haut nicht ganz wohl f\u00fchlen w\u00fcrde.<\/p>\n
Der junge Mann orderte ein kleines Bier und z\u00fcndete sich dazu eine Zigarette an. Kellner Martin wollte es sich nat\u00fcrlich nicht nehmen lassen den neuen Gast ein klein wenig n\u00e4her kennenlernen zu k\u00f6nnen. \u201eIch hab dich hier noch gar nie gesehen. Bist du das erste mal bei uns zu Gast?\u201c sollte die einleitende Frage sein. \u201eJa, ich war bisher noch nie hier in der Gegend, aber ich hab um 16 Uhr ein Vorstellungsgespr\u00e4ch im \u201eHotel Vienna\u201c, das ist zwei Gassen weiter von hier.\u201c<\/p>\n
In weiterer Folge sollten wir erfahren, dass Manuel, der eine Handelsschulausbildung absolviert hatte schon des l\u00e4ngeren auf der Suche nach einem neuen Job sei. Manuel war zweifellos sehr gespr\u00e4chig und die M\u00f6glichkeit von seinen Jobsorgen zu erz\u00e4hlen d\u00fcrfte die Nervosit\u00e4t vor dem bevorstehenden Bewerbungsgespr\u00e4ch etwas zu reduzieren geholfen haben. Sein Start in das Berufsleben erfolgte im Jahr 2005 nach Absolvierung des Bundesheeres in einem Call Center auf Basis eines Werkvertrages. Als sich einige Zeit sp\u00e4ter das Angebot eines Dienstverh\u00e4ltnisses als Handelsangestellter auftat wechselte er zu einer Elektrohandelskette, wo er zwei Jahre auch besch\u00e4ftigt war. Nach der Er\u00f6ffnung des Konkursverfahrens bei \u201eCosmos\u201c war er zwar nur zwei Monate arbeitslos, sein derzeitiger Job als Sachbearbeiter in einem kleinen Baub\u00fcro w\u00fcrde aber nicht seinen Erwartungen entsprechen. Das Unternehmen mit gerade mal f\u00fcnf Mitarbeitern w\u00fcrde bei arbeitsrechtlichen Dingen allzu gerne beide Augen zudr\u00fccken. Nicht nur dass sein Gehalt dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt entsprechen w\u00fcrde w\u00e4ren auch unbezahlte \u00dcberstunden an der Tagesordnung und das Betriebsklima \u00e4u\u00dferst gew\u00f6hnungsbed\u00fcrftig.<\/p>\n
Nun w\u00e4re Manuel eben \u00fcber ein Zeitungsinserat auf die ausgeschriebene Stelle in der Verwaltung des schon etwas gr\u00f6\u00dferen \u201eHotel Vienna\u201c aufmerksam geworden und sah seinem Bewerbungsgespr\u00e4ch mit etwas Anspannung entgegen. Kellner Martin und ich waren Manuels Ausf\u00fchrungen mit Interesse gefolgt als Stammgast Josef sich die Frage offenbar nicht verkneifen konnte, ob er sich nun vor dem Bewerbungsgespr\u00e4ch hier Mut antrinken wolle. \u201eNein, das bestimmt nicht\u201c, antwortete Manuel durchaus selbstbewu\u00dft, \u201eaber ein kleines Bier sollte schon erlaubt sein. Ich geb ja zu, dass ich ein bisserl nerv\u00f6s bin, aber es ist umgekehrt nicht mein erstes Vorstellungsgespr\u00e4ch, das k\u00f6nnt ihr mir glauben.\u201c<\/p>\n
Das wollte ich ihm sogar gerne glauben. Wenn man, wie ich selbst von mir behaupten kann, schon sehr lange Zeit bei einem Unternehmen besch\u00e4ftigt ist kann man sich die Jobsorgen von Arbeitslosen, aber auch Menschen die von ihrem Job fast nicht mehr leben k\u00f6nnen, gar nicht immer so leicht vorstellen. Der kurze Ausflug von Manuel in die Welt von prek\u00e4ren Dienstverh\u00e4ltnissen und den M\u00fchen der Jobsuche haben mich ein klein wenig dar\u00fcber nachdenken lassen. Es war mittlerweile kurz vor 16.00 Uhr geworden, Manuel verabschiedete sich von uns und machte sich auf den Weg ins \u201eHotel Vienna\u201c.<\/p>\n
Sollte Manuel den Job im \u201cHotel Vienna\u201c bekommen haben, was ich ihm durchaus w\u00fcnschen w\u00fcrde, kann es schon sein, dass es das eine oder andere Wiedersehen mit ihm im \u201eCafe Steiner\u201c geben wird.<\/p>\n
Pedro<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Das „Cafe Steiner“ im 2. Wiener Gemeindebezirk ist ein klassisches Stammlokal, in dem sich die meisten Gäste untereinander kennen. Man … <\/p>\n