{"id":2628,"date":"2018-03-10T02:48:18","date_gmt":"2018-03-10T02:48:18","guid":{"rendered":"http:\/\/www.labut.at\/?p=2628"},"modified":"2022-03-10T08:28:17","modified_gmt":"2022-03-10T08:28:17","slug":"meningeom-teil-2-mind-blog","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.labut.at\/meningeom-teil-2-mind-blog\/","title":{"rendered":"Meningeom, Teil 2 (2009-2015)"},"content":{"rendered":"
Im Blog m\u00f6chte ich meinen Krankheitsverlauf zu dokumentieren versuchen. Nachdem ich mich im Jahr 2008 zwei chirurgischen Eingriffen und zwei Gamma Knife Behandlungen unterzogen hatte sollte vorerst ein wenig Ruhe einkehren. Alle sechs Monate erfolgte in einem Diagnosezentrum eine MRT und ich fuhr dann zumeist mit dem Zug in die Steiermark um das Ergebnis mit den Fach\u00e4rzten besprechen zu k\u00f6nnen. Der Befund vom September 2009 wies eine „eindrucksweise Volumenszunahme der Meningeomreste links<\/strong>“ aus und auch im M\u00e4rz 2010 zeigte sich eine „weitere geringe Gr\u00f6\u00dfenzunahme“. Die Neurochirurgen, mit denen ich stets eine gute Gespr\u00e4chsbasis fand, sahen vorerst noch keinen Grund zur Sorge.<\/p>\n Der MRT Befund vom September 2010 zeigte, dass „der Meningeomrest an der Falx links an Dicke zugenommen hat“, was als Rezidiv zu werten war. Die \u00c4rzte empfahlen einen weiteren chirurgischen Eingriff, „da der betroffene Bereich gut zug\u00e4nglich sei“. Es war eine rein emotionale Entscheidung, dass ich mich vorerst keiner weiteren OP unterziehen wollte und die Fach\u00e4rzte auf die M\u00f6glichkeit einer neuerlichen Gamma Knife Behandlung ansprach. Es wurde mir best\u00e4tigt, dass dies die „zweitbeste Option“ w\u00e4re und so kam es im Oktober 2010 zur dritten Strahlenbehandlung mit dem Gamma Knife.<\/p>\n Auch in den Jahren 2011 und 2012 erfolgten halbj\u00e4hrliche Kontrolluntersuchungen. Die Befunde zeigten kein erkennbares Gr\u00f6\u00dfenwachstum der Meningeomreste, sodass die Krankengeschichte f\u00fcr mich zunehmend ruhiger verlief. Von Seiten der Fach\u00e4rzte wurde mir fallweise sogar eine Ausweitung auf j\u00e4hrliche Kontrollen angeboten, was ich aber selbst nicht wollte. Erst heute wei\u00df ich, dass ich in dieser Zeit die Sache vielleicht doch etwas zu leicht genommen habe.<\/p>\n Dennoch m\u00f6chte ich einr\u00e4umen, dass ich in den Jahren 2009 bis 2012 nicht ganz unt\u00e4tig blieb. So gestaltete ich aus einer spontanen Idee heraus das Blog meningeom.at<\/a> um einen Austausch mit anderen Betroffenen zu erm\u00f6glichen und suchte auch Fach\u00e4rzte in Wien auf um deren Expertise einzuholen. In den Jahren 2011 und 2012 sah doch alles ganz gut aus …<\/p>\n Es wurde mir vermehrt bewusst, dass ich die Krankheit sehr gekonnt verdr\u00e4nge und meinen Mitmenschen damit ungewollt ein Schauspiel abliefere. Es liegt auch einfach nicht in meiner Natur mich lautstark \u00fcber Konzentrationsst\u00f6rungen oder Kopfschmerzen zu beklagen, doch wollte ich dennoch den psychischen Stress zu mindern versuchen. Auf Anraten eines Freundes besuchte ich 2011 und 2012 einen anerkannten Psychologen in Wien. In der klinisch-psychologischen Begutachtung wurden neben einer bestehenden Konzentrationsschw\u00e4che und einer depressiven Grundeinstellung auch eine Sozialphobie attestiert. Eine Psychotherapie hatte ich damals noch nicht in Erw\u00e4gung gezogen.<\/p>\n Im J\u00e4nner 2011 bescheinigte mir das Bundessozialamt einen GdB 50 v.H. und merkte die „deutlichen kognitiven Einschr\u00e4nkungen<\/strong> nach frontaler Meningeomresektion mit Rezidiv“ an. In weiterer Folge hatte ich an meinem Arbeitsplatz \u00fcber zwei Jahre auch die Aufgabe der stellvertretenden Behindertenvertrauensperson (BVP) wahrgenommen.<\/p>\n Anhand des MRT Befund vom Juni 2013 wurde ich im Landesklinikum darauf hingewiesen, dass „ein nicht behandeltes Meningeom rechts vom Keilbeinfl\u00fcgel sich gegen\u00fcber den Bildern aus dem Jahre 2008 deutlich progredient“ zeigt. Die Neurochirurgen sahen in meinem Fall mittelfristig die M\u00f6glichkeit einer radiochirurgischen Behandlung und teilten mir mit, dass die Fach\u00e4rzte der Abteilung f\u00fcr Strahlentherapie auf mich zukommen w\u00fcrden.<\/p>\n Am 8. Oktober sa\u00df ich im Zug nach Graz, wo mich ein Aufkl\u00e4rungsgespr\u00e4ch zu einer Strahlentherapie erwarten sollte. Die \u00c4rztin war sehr umg\u00e4nglich und wollte eine m\u00f6gliche Behandlung nicht g\u00e4nzlich ausschlie\u00dfen, doch war eine deutliche Skepsis erkennbar. Zum ersten mal musste ich erfahren, dass die zahlreich vorangegangenen Strahlentherapien einen nicht zu untersch\u00e4tzenden Risikofaktor darstellen w\u00fcrden und es besser w\u00e4re eine chirurgische Intervention in Betracht zu ziehen. Da aber kein dringender Handlungsbedarf best\u00fcnde verblieben wir so, dass ich die Sachlage bei der Kontrolluntersuchung im Dezember mit den Neurochirurgen besprechen solle.<\/p>\n Unabh\u00e4ngig davon habe ich in Wien noch einen Facharzt f\u00fcr Radioonkologie aufgesucht, der mir die Vorbehalte der \u00c4rztin gegen\u00fcber einer weiteren Strahlentherapie best\u00e4tigte. Es w\u00e4ren nicht nur die drei bereits vorangegangenen Gamma Knife Behandlungen sondern auch die Sch\u00e4delbestrahlung rund um die Leuk\u00e4mie im Jahr 1986 zu ber\u00fccksichtigen. Mit der umgangssprachlichen Formulierung, dass „man die Munition nicht verschie\u00dfen solle<\/strong>“ f\u00fchrte er mir vor Augen, dass das mehrmalige Bestrahlen derselben Stelle mit hohen Risiken verbunden w\u00e4re. Nun versuchte ich mich gedanklich mit einer weiteren OP zu arrangieren, aber bis zum n\u00e4chsten MRT im Dezember war noch etwas Zeit …<\/p>\n Der 5. November 2013 war zun\u00e4chst ein Arbeitstag wieder jeder andere auch und um 13 Uhr hatte ich mich mit Kollegen in einem Besprechungszimmer eingefunden. Es ist f\u00fcr mich heute noch schwer verst\u00e4ndlich, dass ich von dem was sich bald zutragen sollte \u00fcberhaupt nichts vorab gesp\u00fcrt hatte. Kurz nach dem Beginn der Besprechung erlitt ich einen epileptischen Anfall, der die Kollegen bestimmt vor eine unsch\u00f6ne Herausforderung stellte und ich ihnen f\u00fcr ihr rasches und verantwortungsvolles Verhalten dankbar bin. Ich habe keinerlei Erinnerungen daran was sich in weiterer Folge zugetragen hat, obwohl mir sp\u00e4ter erz\u00e4hlt wurde dass ich nach dem Anfall durchaus in der Lage war eingeschr\u00e4nkt zu kommunizieren.<\/p>\n Nach einer Erstversorgung wurde ich mit der Rettung auf die neurochirurgische Station jenes Krankenhauses gebracht, in dem ich schon 2001 und 2008 behandelt wurde. An den Umstand, dass ich von hier aus telefonierte und SMS verssandte konnte ich mich sp\u00e4ter bestenfalls vage erinnern. Ein Freund, der mich am Abend im Krankenhaus besuchen kam, musste meinen zweiten epileptischen Anfall miterleben. Das EEG zeigte eine „diffuse Hirnfunktionsst\u00f6rung beidseitig“ und eine „deutlich erh\u00f6hte cerebrale Erregungsbereitschaft“<\/strong>. Es habe sich, so wurde mir erl\u00e4utert, um gro\u00dfe generalisierte epileptische Anf\u00e4lle gehandelt, deren Ursache in Zusammenhang mit dem Hirntumor zu sehen sei. Rund 40 Prozent der Betroffenen eines Hirntumor w\u00fcrden epileptische Anf\u00e4lle erleiden, doch beginne man mit einer Medikamentation zumeist erst wenn sich Anf\u00e4lle ereignen. Nach einem dreit\u00e4gigen station\u00e4ren Aufenthalt wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen und kehrte ins Berufsleben zur\u00fcck.<\/p>\n Ich nehme t\u00e4glich Levetiracetam in einer Dosis von 1500 mg ein und bin weitgehend anfallsfrei geblieben. Das Antikonvulsivum wirkt etwas erm\u00fcdend und ich versp\u00fcre manchmal eine gesteigerte innerliche Unruhe. Da die Verkehrssicherheit aufgrund von Epilepsie und Sehbeeintr\u00e4chtigungen nicht mehr gegeben ist war es f\u00fcr mich klar, dass es am besten ist wenn ich das Auto verkaufe. Den Kontrolluntersuchungen auf Basis eines EEG unterziehe ich mich halbj\u00e4hrlich bei einem Facharzt f\u00fcr Neurologie.<\/p>\n Mit einem aktuellen MRT Befund machte ich mich am 9. Dezember 2013 wieder auf den Weg in das Landesklinikum. Auf der neurochirurgischen Ambulanz wurde ich von einem Facharzt freundlich begr\u00fc\u00dft, doch sollte das anschlie\u00dfende Gespr\u00e4ch f\u00fcr mich zahlreiche offene Fragen aufwerfen. Der Wahrnehmung eines Freundes zufolge, der mich bei dem Termin begleitete, brachte ich gegen\u00fcber dem Arzt eine ungewollte, aber v\u00f6llig \u00fcbertriebene und unechte Selbstsicherheit vor. Ich arbeitete meinen vorbereiteten Stichwortzettel penibel und v\u00f6llig emotionslos ab.<\/p>\n Nat\u00fcrlich erz\u00e4hlte ich dem Arzt auch davon, dass die Strahlentherapeuten einer weiteren Behandlung kritisch gegen\u00fcberst\u00fcnden. Auf meine Frage, ob sich daraus nicht eine chirurgische Intervention erg\u00e4be meinte der Arzt lediglich, dass er dies nicht so sehen w\u00fcrde. Es wurde mir eine abwartende Haltung und eine n\u00e4chste MRT Untersuchung in sechs Monaten empfohlen. Im Arztbrief findet sich der Hinweis, dass ich bei einem neuerlichen Wachstum des Meningeom im n\u00e4chsten Gespr\u00e4ch mitteilen w\u00fcrde, ob ich mich f\u00fcr eine OP oder Strahlentherapie entscheide. Nat\u00fcrlich finde ich es wichtig, dass der Patient die letzte Entscheidung treffen kann, doch wie ich mit dieser mir nun \u00fcbertragenen Verantwortung umgehen sollte wu\u00dfte ich zun\u00e4chst keinesfalls …<\/p>\n Bei der Kontrolluntersuchung zur Epilepsie sprach ich den Neurologen auch auf die therapeutischen Optionen zum Meningeom an und er riet mir einen anerkannten Neurochirurgen beizuziehen. Am 7. J\u00e4nner 2014 konnte ich den Facharzt in dessen Ordination in Wien erstmalig aufsuchen und erkannte rasch dessen gro\u00dfe Kompetenz und die damit verbundene Chance wieder Kontiniut\u00e4t in meinen Krankheitsverlauf zu bringen. Ich hatte zwar bei der PC-Arbeit eine zunehmende Sehschw\u00e4che wahrgenommen, dieser aber fahrl\u00e4ssigerweise zun\u00e4chst keine gro\u00dfe Bedeutung beigemessen. Nach Durchsicht der letzten Befunde wurde mir von dem Facharzt eine umgehende Gesichtsfelduntersuchung nahegelegt. Die letzte derartige Untersuchung lag schon f\u00fcnf Jahre zur\u00fcck.<\/p>\n Am n\u00e4chsten Tag besuchte ich die neuroophthalmologische Ambulanz am AKH. Das Ergebnis der umfangreichen Untersuchungen war alles andere als sch\u00f6n und ich hatte damit wohl auch nicht gerechnet – dennoch ist es ungemein wichtig, dass dieser Umstand nun ans Tageslicht kam. Im Befund wird eine „deutliche Optikusatrophie beidseitig<\/strong>“ erw\u00e4hnt, was als Gewebeschwund der Sehnerven zu interpretieren ist. Die Gesichtsfeldausf\u00e4lle w\u00e4ren mit jenen vor der ersten OP im Jahr 2008 vergleichbar und deutlich st\u00e4rker ausgepr\u00e4gt als Ende 2008. Auch ein neuerlicher MRT Befund vom M\u00e4rz best\u00e4tigte die Optikusatrophie.<\/p>\n Der Facharzt f\u00fcr Neurochirurgie in Wien sprach von einem eher mittelfristigen Handlungsbedarf. Es wurde mir best\u00e4tigt, dass eine Strahlentherapie zun\u00e4chst vermieden werden sollte, wobei eine weitere OP aber grunds\u00e4tzlich vorstellbar w\u00e4re. Dennoch wurde ich darauf hingewiesen, dass ein Drittel der Patienten, die sich einem vergleichbaren Eingriff unterziehen w\u00fcrden nach der OP auf dem jeweiligen Auge blind seien. Wenn die Atrophie aber fortschreiten w\u00fcrde h\u00e4tte ich ohnehin keine gro\u00dfe Wahl. Positiv gewertet wurde jedenfalls, dass das Rezidiv zuletzt kein weiteres Gr\u00f6\u00dfenwachstum gezeigt h\u00e4tte. Es musste mir erst bewusst werden, dass OP’s wie auch Strahlentherapien zwar wiederholt werden k\u00f6nnen – aber aufgrund des vernarbten Gewebes von mal zu mal auch komplizierter und zugleich riskisoreicher seien. Die Situation zum Jahresende 2013 war f\u00fcr mich vergleichbar mit jener im November 2008, doch es hatte sich wieder ein guter Ausweg finden lassen.<\/p>\n Zuletzt hatte mich eine innere Unruhe und Reizbarkeit erfa\u00dft. Als der Stress zunehmend Konzentrationsst\u00f6rungen, Kopfschmerzen und Gedankenspiralen verursachte entschloss ich mich im September 2014 dazu eine Psychoeinzeltherapie in Anspruch zu nehmen. Ein Psychiater attestierte mir nach ausf\u00fchrlicher Begutachtung eine „unsichere vermeidende Pers\u00f6nlichkeitsst\u00f6rung“ (F60.6), ein „depressives Syndrom“ (F33.2) sowie „massive Affektdissoziation“. Dar\u00fcber hinaus ergaben sich im Rahmen einer erweiterten Anamese „klare Hinweise auf das Vorliegen eines Symptomenkomplexes im Sinne eines Asperger-Syndroms<\/strong> (F84.5)“.<\/p>\n Im November 2014 attestierte mir ein HNO Facharzt eine Anosmie, was f\u00fcr einen vollst\u00e4ndigen Verlust des Geruchssinnes steht. Da f\u00fcr den Geschmack von Speisen und Getr\u00e4nken zum \u00fcberwiegenden Teil der Geruchssinn verantwortlich ist erkl\u00e4rt dies, dass ich zuletzt einige Kilo leichter geworden war. Die Ursache sah der HNO Facharzt in dem Meningeom.<\/p>\n Auch in den kommenden Jahren werde ich mich den regelm\u00e4\u00dfigen Kontrolluntersuchungen unterziehen. Weitere Details findet ihr in meinem Blog
\n labut.at<\/a> – Meningeom, Teil 1 (1985-2008)<\/p>\n9. Kontrolluntersuchungen und Rezidiv (ab 2009)<\/h2>\n
10. Psychologische und kognitive Aspekte (ab 2011)<\/h2>\n
11. Handlungsbedarf zeichnet sich ab … (ab 2013)<\/h2>\n
12. Epilepsie (ab 2013)<\/h2>\n
13. Unklarheiten zum weiteren Verlauf (ab 2013)<\/h2>\n
14. Optikusatrophie (ab 2014)<\/h2>\n
15. Psychotherapie (ab 2014)<\/h2>\n
16. Anosmie (ab 2014)<\/h2>\n
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\n meningeom.at\/krankheitsverlauf<\/a><\/p>\n