{"id":2065,"date":"2013-07-14T11:48:56","date_gmt":"2013-07-14T09:48:56","guid":{"rendered":"http:\/\/www.labut.at\/?p=2065"},"modified":"2016-02-05T12:52:57","modified_gmt":"2016-02-05T12:52:57","slug":"der-norgler-geschichten-aus-dem-cafe-steiner","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.labut.at\/der-norgler-geschichten-aus-dem-cafe-steiner\/","title":{"rendered":"Der N\u00f6rgler – Geschichten aus dem Cafe Steiner"},"content":{"rendered":"
Die Charaktere, die ich in den letzten Geschichten aus dem \u201eCafe Steiner\u201c vorgestellt habe zeichneten sich durch ihre zumeist doch recht unverkennbaren Pers\u00f6nlichkeitsmerkmale aus. Gerade dieser Umstand macht das Stammlokal f\u00fcr mich besonders bunt und so manche Sichtweise konnte mich schon zu weitreichenden Gedankenspielen animieren. Ich z\u00e4hle selbst aber wohl auch nicht zu jenen Menschen, die sich mit allen Ansichten und Verhaltensmustern arrangieren k\u00f6nnen. Dass dies zu einer fallweisen Ausgrenzung einzelner Charaktere f\u00fchrt ist naheliegend und aus meiner Sicht heraus auch nicht weiter ungew\u00f6hnlich.
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\nEinem Stammgast, auf den das Beschriebene durchaus zutrifft m\u00f6chte ich meine heutige Geschichte widmen. Ludwig, ein knapp f\u00fcnfzigj\u00e4hriger Wiener, kann zumeist an den Wochenenden im \u201eCafe Steiner\u201c angetroffen werden. Er hat seinen Stammplatz an der ger\u00e4umigen Schank und bleibt zumeist nicht allzu lange in dem Lokal. Es w\u00e4re nicht zul\u00e4ssig, wenn man Ludwig nachsagen wollte, dass er kein umg\u00e4nglicher Mensch w\u00e4re. Er ist auf seine Art und Weise durchaus kommunikativ und keineswegs dabei ungeschickt andere Menschen anzusprechen. Wenn die Chemie passen sollte kann sich schon durchaus eine interessante Unterhaltung ergeben.<\/p>\n
Ich merke schon, dass ich unter der Leserschaft m\u00f6glicherweise auf etwas Unverst\u00e4ndnis sto\u00dfen k\u00f6nnte. \u201eDass nicht jeder mit jedem kann, ist doch normal.\u201c, k\u00f6nntet ihr denken. Das stimmt zweifellos und ich bin auch der Letzte der behaupten m\u00f6chte, dass sein eigenes Verhalten bei allen Mitmenschen immer auf Gegenliebe sto\u00dfen w\u00fcrde. Ein Defizit welches mir durchaus bewusst ist liegt wohl darin, dass ich oftmals eine zu intensiv ausgelebte Zur\u00fcckhaltung im Umgang mit Menschen, die ich gerade erst kennengelernt habe, zeige. Auch wenn diese Selbsteinsch\u00e4tzung von meinen Freunden vereinzelt als nicht zutreffend dargestellt wird bin ich mir diesem unbewusst gelebten Manko durchaus bewusst. Aber auf der anderen Seite ist es auch ein Teil meiner selbst, dem ich mich nicht vollst\u00e4ndig widersetzen kann.<\/p>\n
Gerade die Verhaltensmuster, die ich mir selbst zugeschrieben habe, kann man Ludwig wohl in dieser Form bestimmt nicht nachsagen. Manche vertreten die Meinung, dass es im \u201eCafe Steiner\u201c schon zu ruhig geworden w\u00e4re wenn Vickerl, wie er von den Stammg\u00e4sten auch gerne genannt wird, nicht regelm\u00e4\u00dfig seine Themen vom Zaun rei\u00dfen w\u00fcrde. Ich kann mich jetzt nicht wirklich erinnern, dass ich mit Ludwig schon mal ein intensiveres Gespr\u00e4ch gef\u00fchrt h\u00e4tte, was aber auch nicht ungew\u00f6hnlich ist. Das tiefgr\u00fcndige Vieraugengespr\u00e4ch ist nach meiner Einsch\u00e4tzung auch nicht so ganz seine Sache, ist er es doch vielmehr gewohnt die gesellige Runde zu unterhalten. Wobei ich den Begriff des Unterhaltens eigentlich gerne durch den Begriff des Aufstacheln ersetzen w\u00fcrde.<\/p>\n
Schon oftmals war ich an die Werbestrategie einer gro\u00dfen \u00f6sterreichischen Versicherungsgesellschaft erinnert, die den legend\u00e4ren Slogan \u201eIhre Sorgen m\u00f6chten wir haben\u201c in durchwegs gelungener Form f\u00fcr ihre Zwecke eingesetzt hat. Es mag schon auch sein, dass ich gegen\u00fcber dem Denkmuster von Ludwig ein wenig \u00fcbersensibilisiert bin, aber ich konnte es noch nie verstehen, wenn sich Menschen die Zeit damit vertreiben wollen Kleinigkeiten zu einem Drama hochzustilisieren und dabei auch noch auf vermeintliche Begeisterung bei ihren Mitmenschen sto\u00dfen. Probleme sind f\u00fcr mich nichts anderes als Missst\u00e4nde, die einer m\u00f6glichst raschen und konstruktiven L\u00f6sung zugef\u00fchrt werden sollten. Dabei kann es, abh\u00e4ngig von der Sachlage, auch durchaus wichtig sein die M\u00f6glichkeit eines Kompromisses nicht aus den Augen zu verlieren. Es ist aber auch nicht so, dass ich nicht gerne dazu bereit bin \u00fcber komplexe Problemstellungen auch einen langen Abend zu diskutieren und fallweise zu philosophieren. Wenn das Breittreten eines banalen Problems aber einen Unterhaltungswert erreichen soll, hat dies bei mir noch zumeist ein Gef\u00fchl des Unbehagens ausgel\u00f6st.<\/p>\n
Nun habe ich aber auch schon genug \u00fcber meine pers\u00f6nliche Wahrnehmung von Ludwig erz\u00e4hlt ohne euch den Stammgast und sein Verhalten ein wenig vorzustellen. Allzu leicht f\u00e4llt mir diese Aufgabe bestimmt nicht, da ich Ludwig aus meinem Bewusstsein durchaus ein wenig ausgegrenzt habe. Ich denke, dass viele Menschen ihm so charakterisieren w\u00fcrden, dass er ein gesundes Selbstvertrauen h\u00e4tte und einfach zu jenen geh\u00f6ren w\u00fcrde, die sich halt nicht alles gefallen lassen m\u00f6chten. Solche Menschen braucht also das Land, k\u00f6nnte man nun noch hinzuf\u00fcgen. Hei\u00dft das denn, wenn ich Ludwig kritisiere, dass ich mir alles gefallen lassen m\u00f6chte? Nein, bestimmt nicht. Aber ist es daf\u00fcr notwendig, dass ich andauernd gro\u00dfe T\u00f6ne schwingen muss?<\/p>\n
Erst letzten Samstag durfte ich Ludwig am Rande wieder live miterleben, als er den Stammg\u00e4sten von seinen tollen Taten erz\u00e4hlte. Er h\u00e4tte es wieder allen gezeigt. Die Arbeitskollegen und auch sein Chef w\u00fcssten nun endlich, dass er der einzige w\u00e4re, der in der Firma noch etwas arbeitet. Die Nachbarn wurden zurechtgewiesen, weil sie vor der Familienfeier am Sonntag nicht sein Einverst\u00e4ndnis eingeholt hatten. Und mit den meisten Familienangeh\u00f6rigen h\u00e4tte er schon lange gebrochen, weil sie ihm alle nur ausnutzen w\u00fcrden. Ich kann und will die vorgebrachten Missst\u00e4nde aber nicht einsch\u00e4tzen. Es handelt sich hier zum Teil um sehr pers\u00f6nliche Dinge, die man ohne n\u00e4heres Hintergrundwissen als Fremder einfach nicht beurteilen kann und soll. Wozu erz\u00e4hlt es Ludwig dann aber?<\/p>\n
Auch das Tagesgeschehen darf bei Ludwigs Unterhaltungen im „Cafe Steiner“ keineswegs zu kurz kommen. In den meisten F\u00e4llen l\u00e4uft der Tenor darauf hinaus, dass doch ohnehin jeder an seinem Schicksal selbst schuld w\u00e4re. Interessant scheint mir in diesem Zusammenhang aber seine Darstellung, dass er doch zugleich auch selbst der \u00c4rmste auf der Welt w\u00e4re, an dem sich doch alle nur die Schuhe abputzen w\u00fcrden. Endg\u00fcltig abschalten muss ich immer dann, wenn Ludwig zu politisieren beginnt. Wenngleich ich politisch nicht desinteressiert bin und mir auch so manche Entwicklung nicht behagt kann ich der pauschalen Schlechtrederei nicht beipflichten. Was mir dabei fehlt ist der konstruktive Ansatz, der in Ludwigs Gedankenwelt keinen Platz findet.<\/p>\n
Pedro<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Die Charaktere, die ich in den letzten Geschichten aus dem „Cafe Steiner“ vorgestellt habe zeichneten sich durch ihre zumeist doch … <\/p>\n