{"id":1650,"date":"2012-06-03T14:15:50","date_gmt":"2012-06-03T12:15:50","guid":{"rendered":"http:\/\/www.labut.at\/?p=1650"},"modified":"2016-02-05T11:29:27","modified_gmt":"2016-02-05T11:29:27","slug":"der-neue-job-geschichten-aus-dem-cafe-steiner","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.labut.at\/der-neue-job-geschichten-aus-dem-cafe-steiner\/","title":{"rendered":"Der neue Job – Geschichten aus dem Cafe Steiner"},"content":{"rendered":"

Man k\u00f6nnte meinen, da\u00df der Titel dieses Beitrages auf keine allzu spektakul\u00e4re Geschichte schlie\u00dfen l\u00e4\u00dft. Diese Einsch\u00e4tzung ist auf den ersten Blick betrachtet vielleicht auch gar nicht so unrichtig. Doch die Vorkommnisse und Gedanken, von denen mir Stammgast Reinhard zuletzt erz\u00e4hlt hatte, haben mich durchaus l\u00e4ngere Zeit besch\u00e4ftigt, soda\u00df ich mich entschlossen habe euch davon zu erz\u00e4hlen.
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\nLa\u00dft mich Reinhard, der zweifellos auch einen fixen Bestandteil der Stammg\u00e4steriege des „Cafe Steiner“ darstellt, kurz vorstellen. Reinhard geh\u00f6rt wohl zu den ruhigeren Charakteren, die fallweise dazu neigen ihr Licht ein wenig unter den Scheffel zu stellen. Auch wenn ich selbst mit Reinhard aufgrund seines aufgeschlossenen Wesens schon zahlreiche interessante Diskussionen im „Steiner“ gef\u00fchrt habe, wird er aufgrund seiner oftmals zur\u00fcckhaltenden Art von manchen Menschen einfach falsch eingesch\u00e4tzt.<\/p>\n

Der 35j\u00e4hrige hatte seine Berufslaufbahn nach dem Schulabschlu\u00df in der Zentrale eines Fachhandelsbetriebes am Wiener Stadtrand begonnen. Das Unternehmen besch\u00e4ftigte rund 100 Mitarbeiter und betrieb einige Filialen in gr\u00f6\u00dferen St\u00e4dten. Reinhard erz\u00e4hlte mir oftmals sehr positiv von dem – wie er es formulierte – „famili\u00e4ren“ Klima unter der Kollegenschaft. In den \u00fcber 15 Jahren seiner Betriebszugeh\u00f6rigkeit hatte Reinhard das Unternehmen schlie\u00dflich intensiv kennengelernt. So hatte er anfangs im Bestellwesen gearbeitet, konnte aber letztlich auf eigenen Wunsch in das kleine IT-Team des Unternehmens wechseln.<\/p>\n

Es hatte sich im letzten Jahren offenbar bereits abgezeichnet, da\u00df die Zeichen f\u00fcr den mittelst\u00e4ndischen Betrieb aufgrund der versch\u00e4rften Konkurrenzsituation nicht zum Besten stehen w\u00fcrden. Die Verunsicherung hatte sich unter den Kollegen bereits abgezeichnet als immer wieder Ger\u00fcchte durchsickerten, da\u00df sich der Firmenchef zur\u00fcckziehen wolle. Letztlich wurde das Unternehmen gegen Ende des Vorjahres an einen Handelskonzern verkauft. Im Zuge der \u00dcbernahme hatte der neue Eigent\u00fcmer aber gerade f\u00fcr die in der Zentrale eingesetzten Mitarbeiter keine Verwendung mehr. Auch Reinhard war davon betroffen und hatte vor wenigen Wochen seinen letzten Arbeitstag in dieser Firma.<\/p>\n

Reinhard schilderte mir in einem Gespr\u00e4ch seine Sichtweise mit sehr offenen Worten. Es sei ihm schon vollkommen klar, da\u00df die heutige Situation am Jobmarkt kaum mehr Anstellungen vorsehen w\u00fcrde, mit denen man davon ausgehen d\u00fcrfe bis zur Pension ausgesorgt zu haben. Davon w\u00e4re schlie\u00dflich auch er selbst nie ausgegangen. Aber es kam eben, wie es gekommen ist. In der Firma, in welcher er die letzten 15 Jahre verbracht h\u00e4tte, wurde er schlie\u00dflich gebraucht. „Aufgrund meiner langen Erfahrung kannte ich mich bei allen Abl\u00e4ufen einfach aus. Dieser Umstand ist doch auch f\u00fcr das Unternehmen von Vorteil.“, versuchte Reinhard zu argumentieren.<\/p>\n

Reinhard hat es f\u00fcr mich durchaus auf den Punkt gebracht. Nat\u00fcrlich kann eine langj\u00e4hrige Betriebszugeh\u00f6rigkeit im Sinne der Kontinuit\u00e4t f\u00fcr beide Seiten von gro\u00dfem Wertl sein. Dennoch lassen sich aber wirtschaftliche Entwicklungen nicht ausschlie\u00dfen – in der heutigen Zeit weniger als je zuvor. „Wo ist jetzt aber das gro\u00dfe Problem?“, h\u00f6rte ich die Stimme von Kellner Martin, der unserem Gespr\u00e4ch an der Schank gefolgt war. „Du bist jung, hast Erfahrung im Umgang mit Computer. Es ist nat\u00fcrlich nicht sch\u00f6n, dass du deinen Job verloren hast. Aber wenn du keinen neuen Job findest, wer sonst?“<\/p>\n

Ja, wo ist denn das gro\u00dfe Problem? Die Worte von Martin dazu waren bestimmt nicht unrichtig, wenngleich sie vielleicht nicht allzu sensibel formuliert waren. Der Jobverlust soll nat\u00fcrlich auch nicht schlimmer dargestellt werden als er ist und die Berufschancen von Reinhard sollten auch tats\u00e4chlich nicht die schlechtesten sein. Es liegt vielleicht eher am Wesen des jungen Mannes, welches relativ leicht bestimmte Selbstzweifel zu Tage f\u00f6rdert. So meinte er etwa, da\u00df er zwar die Unternehmensabl\u00e4ufe gekannt habe, er diese Erfahrung aber nicht an einem neuen Arbeitsplatz 1:1 umsetzen k\u00f6nne. Ich habe euch schon eingangs auf die vermeintlichen Tendenzen von Reinhard zur Tiefstapelei hingewiesen.<\/p>\n

Nat\u00fcrlich ist das Hineinleben in eine neue Kollegenschaft eine Sache, mit der nicht alle Menschen gleich gut umgehen k\u00f6nnen. Der kommunikative Charakter wird diese Herausforderung am leichtesten bestehen, der verschlossene Typ – wie etwa unser Reinhard – wird gefordert sein sich nach M\u00f6glichkeit zu \u00f6ffnen. Auf der anderen Seite m\u00fcssen f\u00fcr eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Kollegen aber zweifellos auch immer beide Seiten mitspielen.<\/p>\n

Wie ich bei meinem letzten Besuch im „Cafe Steiner“ geh\u00f6rt habe hat Reinhard mittlerweile einen neuen Job in einem gr\u00f6\u00dferen Unternehmen finden k\u00f6nnen. Ich w\u00fcnsche ihm dazu nat\u00fcrlich das Allerbeste.<\/p>\n

Pedro<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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